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Nach Probiotika:

Präbiotika rücken jetzt in den Fokus der Forschung

Datum: 21.06.2021
Nach Probiotika:
obx-medizindirekt/Adobe Stock

Über 70 Prozent der menschlichen Immunabwehr findet im Darm statt: Es sind bis zu 100 Millionen Bakterien, die uns vor Krankheiten schützen. Voraussetzung für eine funktionierende Immunabwehr ist die Vielfalt dieser Mikroorganismen. Als Schlüssel dafür wiederum gilt die richtige Ernährung. Auch dank geschickter Werbung der Lebensmittelbranche wissen viele Verbraucher heute: Probiotika, also Zubereitungen, die lebensfähige Mikroorganismen beinhalten wie Joghurt oder Quark, tun dem Darm gut. Weitgehend unbekannt ist jedoch eine zweite Gruppe an Substanzen, die für einen funktionsfähigen Darm ebenso lebenswichtig ist: die so genannten Präbiotika. Das sind Lebensmittelbestandteile, die Aktivität und Wachstum der so wichtigen Bakterien im Dickdarm fördern. Viele Deutsche nehmen zu wenig von diesen pflanzlichen Fasern auf. Dabei ließe sich dieses Defizit auf einfache Weise beheben - durch die gezielte Zufuhr von Ballaststoffen.

Titelbild: Präbiotika sind Lebensmittelbestandteile, die die Aktivität und das Wachstum wichtiger Bakterien im Dickdarm fördern. Viele Deutsche nehmen zu wenig von diesen pflanzlichen Fasern auf. Die Ballaststoff-Lücke lässt sich mit der Kraft des Apfels schließen.
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Aus vielen Untersuchungen weiß man: Gerade in vielen westlichen Ländern und auch in der Bundesrepublik ist es um die Vielfalt der Darmbakterien schlecht bestellt. Denn die Nahrung enthält viel zu wenige pflanzliche Ballaststoffe. 90 Prozent der Menschen erreichen hierzulande die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen Mindestmengen an Ballaststoffen nicht.


Antibiotika zerstören die Darmflora


Hinzu kommen beispielsweise die Folgen von Antibiotika, die das "Ökosystem" im Darm massiv beeinflussen. Rund 40 Millionen Verschreibungen gibt es jedes Jahr allein in Deutschland. Antibiotika töten zahlreiche Bakterien im Darm, häufig auch die guten, also diejenigen, die Entzündungen bekämpfen, Stress entgegenwirken oder auch die Entstehung von Krebs hemmen können. Es dauert je nach Antibiotikum bis zu einem Jahr, bis sich die Darmflora wieder vollständig regeneriert. Und neben probiotischen Lebensmitteln, also beispielsweise Naturjoghurt mit Milchsäurebakterien oder Hefe, sind präbiotische Lebensmittel ebenso essenziell für diesen Prozess.


Studien: Ballaststoffe senken das Risiko für viele Krankheiten


"Ballaststoffe sind der Schlüssel für eine gesunde Mikrobiota", sagt beispielsweise die Ernährungswissenschaftlerin und Diplom-Oecotrophologin Dr. Maike Groeneveld. "Auch wenn die Wissenschaft noch am Anfang steht, gibt es Hinweise, dass ein vielfältiges Mikrobiom ein weiterer Faktor bei der Prävention von Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Asthma oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sein kann", sagt beispielsweise Marlies Gruber, Wissenschaftliche Leiterin beim österreichischen Verein für Ernährungsinformation, "forum.ernährung".

Hinweise darauf, wie wichtig Ballaststoffe sind, lieferte auch eine Ende 2019 in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichte Meta-Studie neuseeländischer Forscher der renommierten neuseeländischen Universität Otago. In ihrer Analyse von über 200 Studien aus vier Jahrzehnten kamen sie vor allem zu einem Schluss: Eine ausreichende Ballaststoffzufuhr senkte das Risiko für koronare Herzkrankheiten, Schlaganfälle, Typ-2-Diabetes und Darmkrebs um 15 bis 30 Prozent. Das Fazit ist ein Appell: "Unsere Forschung zeigt, dass wir täglich mindestens 25 bis 29 Gramm Ballaststoffe aus Lebensmitteln zu uns nehmen sollten, obwohl die meisten von uns derzeit auf weniger als 20 Gramm Ballaststoffe kommen", sagt Dr. Andrew Reynolds, einer der Autoren der viel beachteten neuseeländischen Meta-Studie. In der Bundesrepublik empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine Ballaststoffmenge von 30 Gramm täglich, bei Diabetikern sogar 40 bis 50 Gramm.


Viele scheitern an der nachhaltigen Umstellung der Ernährung


Ballaststoffe sind vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Die Wissenschaft unterscheidet zwei Arten: lösliche Ballaststoffe wie beispielsweise Pektine aus den Schalen von Äpfeln sowie unlösliche Ballaststoffe, das "Pflanzengerüst" im engeren Sinne, die sich beispielsweise in der Schale verschiedener Getreidearten wie dem Leinsamen befinden. Unlösliche Ballaststoffe regen unter anderem die Bewegung des Darms an. Mehr Ballaststoffe essen - das bedeutet im Alltag vor allem eins: ganz gezielt und nachhaltig die Ernährung umzustellen - ein hehres Ziel, das die meisten nicht erreichen, auch weil die über viele Jahre hinweg lieb gewonnenen Ernährungsgewohnheiten sich nur selten über Nacht ändern lassen.


Die "Ballaststoff-Lücke" mit der Kraft des Apfels schließen


In Deutschland ist jetzt eine natürliche Kombination aus löslichen und unlöslichen Ballaststoffen unter dem Handelsnamen "ApfelBallast" erhältlich. Das Präparat, hergestellt in der Bundesrepublik, enthält in der empfohlenen Tagesdosis fünf Gramm Ballaststoffe - also knapp ein Fünftel des empfohlenen Tagesbedarfs. Schlüssel sind spezielle Komprimate, die zu rund drei Vierteln aus Fasern des Apfels und zu rund einem Viertel aus dem Pektin des Apfels sowie einer kleinen Beimischung von Leinsamen bestehen. Damit ließe sich, legt man beispielsweise die Zahlen der neuseeländischen Meta-Studie zugrunde, genau die "Lücke" schließen, die sich bei vielen Bundesbürgern auftut.
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